Studierende der FSU3 „auf Fluchtwegen“ im Hanflabyrinth

Fluchtwege 1

Bei strahlendem Sonnenschein und spätsommerlich-warmen Temperaturen besuchten die angehenden Erzieherinnen und Erzieher der FSU3 das Hanflabyrinth bei Niederweimar, das in diesem Jahr vom 25. Juni bis 24. September geöffnet hat. In einem Bildungsparcours im Rahmen eines „grünen Klassenzimmers“ ging es um „Flucht und Migration“ im ehemaligen geteilten Deutschland, in Europa und weltweit.

Warum Hanf? Hanf (Cannabis) ist eine der ältesten Nutz- und Zierpflanzen der Welt. Aus den Samen wird Öl hergestellt, aus den Fasern äußerst haltbare Seile und widerstandsfähige Gewebe, welche gegenüber entsprechenden Baumwollprodukten viele Vorteile haben. Erst mit dem Aufkommen von Chemiefasern verlor Hanf an Bedeutung. In den letzten Jahrzehnten wird Nutzhanf wieder vermehrt landwirtschaftlich angebaut und als ökologische Alternative vertrieben. Nutzhanf wie im Hanflabyrinth kann man nicht rauchen (er enthält eine pharmakologisch nur unwirksame Menge THC), sieht aber schön aus und ist cool! Manche/r kommt vielleicht nur deshalb ins Hanflabyrinth.

Nachdem in den letzten Jahren im Hanflabyrinth ökologische Themen im Vordergrund standen, ging es diesmal um die Gründe und Folgen lokaler und globaler Flucht- und Migrationsbewegungen. Fluchtursachen sind weltweit gesehen sehr verschieden - Krieg und Gewalt, Perspektivlosigkeit und Armut, Diskriminierung und Verfolgung, Rohstoffhandel und Landraub, Umweltzerstörung und Klimawandel -, hängen aber doch oft eng zusammen. Damit beschäftigten sich die Studierenden, indem sie sich in kleinen Gruppen im Labyrinth auf die Suche nach „Syrien“, „Somalia“, „Afghanistan“, den „Kosovo“ und „Senegal“ machten, Ländern, aus denen besonders viele Geflüchtete kommen. Mit drei Murmeln konnte man sich durch Einwerfen in Röhren an einer Informationstafel für drei Gründe entscheiden, weshalb man selbst fliehen würde. Die Studierenden waren überrascht, dass zwar ein Journalist, der sich in seinem Heimatland nicht regierungskritisch äußern darf, Anspruch auf Aufnahme als Geflüchteter in Deutschland hat, nicht aber eine Familie, die durch eine Naturkatastrophe Haus, Hab und Gut verloren hat und in ihrer Existenz bedroht ist, oder jemand, der einfach nur einen Beruf erlernen möchte, der ihm eine Lebensgrundlage gibt; scheinen solche Gründe doch gleichermaßen legitim zu sein.

„Somalia“ wurde im Labyrinth zwar nicht gefunden; in einem entsprechenden Handbuch gab es aber etliches über Fluchtgründe aus dem durch Hunger und Terror gebeutelten Land am Horn von Afrika zu entdecken. Die Studierenden fertigten Plakate an und informierten die Gruppe darüber, warum Menschen aus ihrer Heimat fliehen. Abschließend gab es ein Spiel: Jede/r zog eine Karte mit der Beschreibung einer Person bestimmten Geschlechts, jung oder alt, reich oder arm, benachteiligt oder privilegiert, homosexuell oder einer religiösen Minderheit angehörend. Wer eine der gestellten Fragen mit Ja beantworten konnte, durfte einen Schritt nach vorn machen oder musste andernfalls stehenbleiben. Während die Eine fast im Hanffeld stand, hatte sich der Andere kaum bewegt oder war auf halbem Weg geblieben. Allein durch Herkunft und Geburt, Glück oder Misserfolg verlaufen Lebenswege extrem unterschiedlich: Wer die Wochenenden auf Ibiza verbringt, muss nicht unbedingt alle Anderen einladen, kann mit seinem Geld aber auch stattdessen etwas Vernünftiges tun! Nach drei Stunden im Hanflabyrinth resümierten die Studierenden: Bildung im „grünen Klassenzimmer“ kann sehr intensiv und nachhaltig sein!

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Text und Fotos: Jörg Rustmeier